Quelle: HBS
Böckler ImpulsManagervergütung: Besserer Ansporn fürs Unternehmenswohl
Aktienoptionen setzen Vorständen Anreize für Kurzfristig-Denken und Manipulation. Dass Instrumente variabler Vergütung zu besserer Leistung anspornen, ist dagegen in der Managementforschung nicht belegt.
Wem eine üppige Belohnung winkt, der legt sich besonders ins Zeug. Ist es also sinnvoll, Führungskräften je nach Unternehmenserfolg hohe Boni zu zahlen? Bruno S. Frey und Margit Osterloh von der Universität Zürich haben zahlreiche Studien aus Europa und den USA zur Managervergütung ausgewertet und kommen zur klaren Antwort: Das ist es nicht. Aktienoptionen und ähnliche Instrumente schaffen der Managementforschung zufolge mehr Probleme, als sie lösen. Sie bringen Vorstände dazu, sich vornehmlich auf die für den Bonus relevanten Indikatoren zu konzentrieren - und nicht auf das langfristige Gedeihen des Unternehmens. Die Zürcher Professoren halten es daher für sinnvoller, die intrinsische Motivation der Führungskräfte zu stärken, also ihre Freude an der Sache. Manager sollten durchaus wie Bürokraten bezahlt werden, erklären die beiden Wissenschaftler in ihrer Studie.
Das Manager-Heroin. 1970 erhielt ein Vorstandsvorsitzender in den USA etwa 25-mal so viel wie ein durchschnittlicher Industriearbeiter. 1996 war es das 210-fache, 2000 sogar mehr als das 500-fache. Gerechtfertigt wird das mit dem so genannten Prinzipal-Agent-Ansatz: Der Vorstand sei der Erfüllungsgehilfe des Aktionärs; darum sollte sein Interesse eng an das des Auftraggebers gebunden sein. Für den Erfolg dieser Strategie hat die empirische Forschung indes keinen Beleg gefunden, berichten Frey und Osterloh. Spitzenmanager haben im Börsenboom der New Economy hohe Profite eingestrichen und ebenso danach, als die Kurse sanken. "Weniger als 5 Prozent der CEO-Vergütung scheint durch Unternehmensergebnisse erklärbar", stellt eine US-Studie aus dem Jahr 2000 fest. "In Wirklichkeit hat die Bezahlung von Managern wenig mit Leistung zu tun", resümieren die Wissenschaftler der Universität Zürich.
Unternehmensvorstände haben faktisch eine beachtliche Kontrolle über ihr Salär, daran krankt die Steuerung via Anreize. "Die Manager machen sich die Tatsache zu Nutze, dass die Anteilseigner unsicher darüber sind, was die Maximierung des Unternehmenswertes genau bedeutet." Exorbitante Aktienoptions-Programme können Manipulation lohnend erscheinen lassen. Bei Firmen mit Fällen von Bilanzbetrug wie Enron oder WorldCom stieg die Managervergütung zuvor doppelt so hoch an wie in vergleichbaren Unternehmen. Aktienoptionen wirkten wie "Manager-Heroin", stellte ein Wissenschaftler fest. Und schon 1999 erklärte eine Studie: "Obwohl es vielfache Hinweise darauf gibt, dass CEOs auf falsche Vergütungsanreize reagieren, ist es viel schwerer zu dokumentieren, dass Aktienoptionen Vorstandsvorsitzende dazu bringen, härter und intelligenter zu arbeiten und stärker das Aktionärsinteresse zu verfolgen."
Der Wert von Unternehmenstugenden. Die Zürcher Ökonomen führen ein weiteres Argument gegen die variable Manager-Vergütung an: "Das Ergebnis von Teamwork kann nicht allein einem Mitglied der Gruppe zugeordnet werden." Die Management-Forschung komme zum Ergebnis, dass individuelle Boni Gruppenmitglieder zu Egoismus verleiten. Wer solche Anreize habe, mache sich eher Informationen zu Nutze, die andere nicht haben, bindet sich nicht an die Firma, sondern schöpft kurzfristige Profite ab. Klassische Unternehmenstugenden scheinen dann weniger verlockend, etwa die Bereitschaft, gegenüber Kollegen ehrlich zu sein, aber auch Ehrlichkeit einzufordern. Unehrlichkeit im Unternehmen anzusprechen und zu ahnden, bedarf meist einer inneren Überwindung - es kann aber für einen Betrieb von großer Bedeutung sein. Nur wenn die Gruppenmitglieder genügend Anreize haben, das zu tun und an das Gruppenwohl zu denken, kann es wirklich effiziente Zusammenarbeit geben.
Selbst wenn man die Systeme variabler Vergütung deutlich verbesserte, laut Frey und Osterloh würde es das grundsätzliche Problem nicht lösen. Pay per Performance gebe Managern immer einen Anreiz, Erfolgsindikatoren zu manipulieren und das langfristige Unternehmenswohl aus dem Auge zu verlieren. Der Prinzipal-Agent-Ansatz gehe irrtümlich davon aus, dass die Manager nur auf äußere Anreize reagieren. Wirtschafts- und Sozialpsychologen sehen das anders: Motivation hat viele Quellen. So bewerten Menschen in der Regel eine Aktivität als solche für nützlich - und nicht wegen der Höhe der Vergütung. Und sie befinden sich gerne im Einklang mit den bestehenden normativen Standards, erklären Frey und Osterloh. Darum sei es besser, Anreize zu Unternehmenstugenden zu setzen, denn zu egoistischem Verhalten.
Bruno S. Frey, Margit Osterloh: Yes, Managers should be paid like bureaucrats, Journal of Management Inquiry, March 2005