Quelle: HBS
Böckler ImpulsÖffentliche Aufträge: Acht Bundesländer verlangen Tariftreue
Immer mehr Bundesländer koppeln die Vergabe öffentlicher Aufträge an Tarifstandards.
Tariftreue-Regelungen, nach denen der Staat nur Anbieter beauftragen darf, die sich an bestimmte Lohn- und Tarifstandards halten, erleben eine Renaissance. Als Reaktion auf die so genannte Rüffert-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) waren 2008 alle damals geltenden Tariftreue-Gesetze ausgesetzt worden. Drei Jahre später zeigt eine WSI-Übersicht, dass der „Rüffert-Schock“ überwunden ist: „Es ist absehbar, dass bald die Mehrzahl der Länder gesetzliche Regelungen haben wird, um bei der öffentlichen Vergabe faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen", beobachtet WSI-Forscher Thorsten Schulten.
Acht Bundesländer besitzen bereits europarechtskonform neu gestaltete Tariftreue-Gesetze. Weitere vier haben das angekündigt. Damit könnten bald mehr Länder über Tariftreue-Regelungen verfügen als vor der EuGH-Entscheidung. Die Gesetzesnovellen setzen an drei Punkten an:
In Branchen, die unter das Arbeitnehmer-Entsendegesetz fallen, gilt: Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten mindestens die branchenspezifischen Mindestlöhne zahlen. Die gibt es etwa auf dem Bau, in der Abfallwirtschaft und der Pflege. Experten erwarten, dass die Mindestlöhne seltener unterlaufen werden, wenn öffentliche Auftraggeber sie einfordern und kontrollieren.
Für den Verkehrssektor wird eine umfassende Tariftreueerklärung verlangt, die sich meist auf den jeweils repräsentativen Tarifvertrag bezieht. Diese Möglichkeit ergibt sich aus einer europarechtlichen Sonderstellung des Verkehrssektors.
Bremen, Berlin und Rheinland-Pfalz flankieren ihre Tariftreue-Regelung mit einem vergabespezifischen Mindestlohn. Unternehmen können einen öffentlichen Auftrag nur erhalten, wenn sie ihren Beschäftigten bei der Auftragsdurchführung brutto mindestens 7,50 Euro bzw. 8,50 Euro pro Stunde zahlen. Auch Baden-Württemberg, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen planen einen vergabespezifischen Mindestlohn. In NRW soll dieser bei 8,62 Euro liegen. Das entspricht der untersten Lohngruppe im Tarifvertrag der Länder.
Thorsten Schulten ist Experte für Europäische Tarifpolitik im WSI