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Ostdeutschland Auf einen Blick

Auf einen Blick: Die ökonomische und soziale Situation Ostdeutschlands

Über 30 Jahre nach dem Mauerfall lässt sich festhalten: Der Lebensstandard in Ostdeutschland ist seitdem deutlich gestiegen. Dennoch zeigen sich nach wie vor ökonomische, soziale und politische Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

[15.05.2024]

Einkommen

Beschäftigte im Osten verdienen bei gleicher Qualifikation 14 Prozent weniger als im Westen – ein wichtiger Grund dafür ist die geringere Tarifbindung.

Unsere interaktive Landkarte zeigt, dass in fast allen ostdeutschen Regionen das Einkommensniveau am unteren Ende der Skala liegt. In manchen Regionen Süddeutschlands (z.B. München) verdienen die Menschen fast doppelt so viel wie mancherorts im Osten. Von den größeren Regionen im Westen weist lediglich das Ruhrgebiet eine ähnlich schwache Einkommensstruktur auf.

Armut und Reichtum

Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Verteilung von Armut und Reichtum: Von den 95 dauerhaft Einkommensreichen in der Bundesrepublik leben in 95 Prozent West- und nur fünf Prozent in Ostdeutschland. Bei den Einkommensarmen ist es umgekehrt: 39 Prozent der Personen, die über mehrere Jahre mit weniger als 60% des mittleren Einkommens zurechtkommen mussten, leben in den neuen Ländern, obwohl dort nur ein Fünftel der Gesamtbevölkerung beheimatet ist.

Politische Einstellungen

Die ökonomische Unsicherheit macht sich auch politisch bemerkbar: Abstiegsängste sind in Deutschland bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet. Rechtspopulisten machen sich dies zunutze, was sich an deutlich höheren Umfrage- und Wahlergebnissen für die AfD ablesen lässt. Das zeigt sich auch in dieser Studie.

Tarifbindung und Sonderzahlungen

Was sind die Ursachen für die fortwährende Ungleichheit zwischen Ost und West? Nach der Wiedervereinigung ist es nicht gelungen, das westdeutsche Tarifsystem in die neuen Länder zu übertragen. Dass Unternehmer dem Tarifsystem ungestraft fernbleiben konnten, war politisch gewollt und hat nicht nur Ostdeutschland zu sinkenden Löhnen in den unteren Einkommensgruppen geführt.

Am geringsten ist die Tarifbindung in Mecklenburg-Vorpommern, wo nur 40% der Beschäftigten von einem Tarifvertrag profitieren. Die höchste Tarifbindung weisen mit 54% Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vor. Auch die Vertretung der Beschäftigten durch Betriebsräte ist seltener. Die anderen ostdeutschen Bundesländer belegen bei der Tarifbindung ebenfalls hintere Plätze im Ranking.

  • Entwicklung der Tarifbindung

Die Folgen der geringen Tarifbindung offenbaren sich zum Beispiel beim Urlaubsgeld: Während im Westen fast die Hälfte einen Zuschuss für die Urlaubskasse bekommt, ist dies in den ostdeutschen Ländern nur bei einem Drittel der Fall. Ähnlich sieht es beim Weihnachtsgeld aus: In Westdeutschland erhalten es 55%, in Ostdeutschland nur 43%.

Konzepte gegen die Ungleichheit

Was die Politik neben einer Stärkung des Tarifvertragssystems tun kann, um die die Kluft zwischen Arm und Reich zu überwinden, hat die Hans-Böckler-Stiftung in den vergangenen Jahren immer wieder mit Konzepten gegen die Ungleichheit aufgezeigt. Der Osten würde von den Maßnahmen überdurchschnittlich profitieren.

Besonders geholfen hat den Menschen in Ostdeutschland die Einführung des Mindestlohns. Durch eine dynamischere Anhebung der Lohnuntergrenze könnte der Anschluss von ökonomisch Abgehängten an die gesellschaftliche Mitte erleichtert werden.

Gleichstellung

Deutlich besser geht es Ostdeutschland bei der Gleichstellung: Da Frauen deutlich häufiger erwerbstätig sind, ist der Anteil atypischer Beschäftigung niedriger als im Westen. Bei 15 von 22 wichtigen Indikatoren zu Themen wie Erwerbsbeteiligung, Arbeitszeit, Bezahlung, Führungspositionen oder Absicherung im Alter sind die Abstände zwischen Männern und Frauen im Osten spürbar kleiner als im Westen.

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