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E-Learning für Afrika: Erick Tambo in seinem Büro der United Nations University in Bonn: „In Deutschland bin ich wesentlich entbehrlicher.“ Stipendien

Altstipendiaten: Der Wissensexperte

Ausgabe 04/2014

Erick Tambo kam vor 16 Jahren zum Studieren von Kamerun nach Deutschland. Er arbeitet an der United Nations University in Bonn. Bald will er nach Afrika zurück und dort einen Thinktank gründen.

Von Andreas Schulte

Wenn Erick Tambo im 28. Stockwerk des Gebäudes der Vereinten Nationen aus seinem Bürofenster sieht, blickt er auf fremdes Land: das Panorama von Bonn, das Siebengebirge, der Rhein zu seinen Füßen. Dieser Heimatblick, der jeden Rheinländer entzückt, lässt Tambo eher kalt. Dabei hat er fast die Hälfte seines Lebens in Deutschland verbracht. Seit 1998 ist er hier. Doch das Land konnte ihn nicht ganz in seinen Bann schlagen. „Ich denke zuerst panafrikanisch, dann national und dann global“, sagt der 33-Jährige.

Tambo, in Kamerun geboren, ist Wissenschaftler an der United Nations University, dem akademischen Zweig  der Vereinten Nationen in Bonn. Seine Aufgabe: herauszufinden, wie sich mithilfe neuer Medien der Wissenstransfer zwischen ausgewanderten afrikanischen Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen auf dem Heimatkontinent verbessern lässt. Der Missstand, dass qualifizierte Afrikaner weiterhin abwandern, treibe ihn bei seiner Arbeit an, sagt er.

Denn noch immer verlassen Intellektuelle mangels Perspektive scharenweise den Kontinent. Vor Ort fehlt dann das Know-how. „Wir Afrikaner müssen jetzt damit klarkommen, dass viele unserer Intellektuellen auswandern und nicht zurückkehren. Deshalb müssen wir Lösungen finden, wie wir ihr Wissen trotzdem nutzen können.“ An welchen Stellen sich dazu neue Medieneignen, weiß niemand besser als er: Nach seinem Informatikstudium an der TU Dortmund hat er in seiner Dissertation an der Fern-Uni Hagen 2010 dargelegt, dass mithilfe von E-Learning erfolgreich virtuelle Seminare zum Beispiel in Kamerun stattfinden können.

Erst kürzlich bewies er es auch in der Praxis, als er mithalf, die Zuständigen für die Wasserversorgung in der Hauptstadt Yaounde via E-Learning für den Umgang mit Wasser zu sensibilisieren. Anders als viele Kollegen wird Tambo sein eigenes Wissen nach Afrika zurückbringen – in persona. In drei Jahren will er zurück nach Kamerun. „In Deutschland bin ich wesentlich entbehrlicher als in Afrika“, argumentiert er. Außerdem sieht er in Afrika vielfältigere Möglichkeiten für sein spezielles Themengebiet. „Für afrikanische Forschungsfelder gibt es hier kaum Professuren.“

Wer sie besetzen will, brauche Verbindungen oder eine starke Lobby, was Migranten in der Regel nicht besäßen. Sein Plan: „Ich will in Yaounde ein eigenes Forschungsinstitut aufbauen, eine Art Thinktank.“ Deutsche und afrikanische Wissenschaftler sollen gemeinsam Lösungen für lokale Probleme mit globaler Bedeutung erarbeiten, etwa für den Klimawandel. Der Gang nach Kamerun ist dabei nur der erste Schritt. Tambo träumt von einem Netzwerk mit mehreren Institutionen in vielen afrikanischen Staaten. Auch das nur ein Zwischenschritt: „Man sieht an der EU, was Zusammenhalt bewirken kann. Die afrikanischen Staaten finden allein kein Gehör. Ich hoffe daher auf einen geeinten afrikanischen Staat.“

Durch ein Afrika mit verbesserter Infrastruktur versucht Tambo, die Chancen einheimischer Akademiker zu erhöhen. „Viele würden dortbleiben, wenn die Universitäten in Afrika besser ausgestattet wären und es aussichtsreichere Job- Perspektiven gäbe.“ Das Engagement für andere und der Drang, Brücken zu schlagen, prägte schon seine Studienzeit, die 1999 begann. Als Informatikstudent setzte er sich an der TU Dortmund im Verein Afrikanischer Studierender für die Interessen seiner Kommilitonen ein.

Dafür erhielt er vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) eine Auszeichnung für sein gesellschaftliches Engagement. Er arbeitete als Integrationsreferent im Bundesverband ausländischer Studierender, und schließlich entstand auch seine Doktorarbeit als deutsch-afrikanische Koproduktion. Gefördert hat sie die Hans-Böckler-Stiftung, veröffentlicht hat er sie 2010 an der Fern-Uni Hagen. Die Doktorwürde war von jeher sein Wunsch gewesen.

Die Promotionsförderung der Stiftung, glaubt er, habe ihn weniger wegen seiner sehr guten Noten als wegen seines politischen Profils ausgewählt: „Ich bin ein politischer Mensch, auch wenn ich keiner Partei oder Gewerkschaft angehöre.“ Stattdessen ist Tambo ein echter Vereinsmeier: Im African Network
Germany unterstützt er unter anderem die beiden afrikanischstämmigen Abgeordneten Karamba Diaby und Charles Huber bei ihrer Arbeit für den Deutschen Bundestag.

Im African Good Governance Network versucht er, Richtlinien für gute Regierungsarbeit zu entwickeln. Außerdem sitzt er im Aufsichtsrat des Afrikanischen Dachverbandes Nordrhein-Westfalen. Der Tanz auf vielen Hochzeiten – für Tambo ist er auch eine Revanche. „Wenn man die Chance hatte, eine Hochschullaufbahn in Deutschland einzuschlagen, und sieht, dass zum Beispiel Migrantenkinder schlechtere Bildungschancen haben als andere, dann wächst der innere Druck, solche Dinge zu verbessern.“

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