zurück
Olaf Bartz in einem Hörsaal der Uni Bonn: „Fasziniert, wie Wissenschaft entsteht“ Stipendien

Altstipendiat: Der Wissenschaftsmanager

Ausgabe 11/2013

Olaf Bartz kümmert sich als Geschäfts­führer des Akkreditierungsrats um die Qualität deutscher Hochschulen. Wie der Wissenschaftsbetrieb funktioniert, faszinierte ihn schon als Student. Von Carmen Molitor

Die Universität ist eine Wissenschaft für sich. Das dämmerte Olaf Bartz schon beim ersten Mal, als er eine Hochschule betrat. „Mich hat vom ersten Tag an die Art und Weise interessiert, wie Wissenschaft entsteht“, erinnert er sich. „Es gibt für die Herstellung von Wissenschaft ein Produktionssystem, einen institutionellen Hintergrund und dahinterliegende Prozesse. Das hat mich sofort genauso fasziniert wie die Wissenschaft selbst.“

Die Wissenschaft, mit der Bartz an der Universität Köln in den 90er Jahren seine akademische Karriere begann, war die Chemie, nach dem Vordiplom wechselte er zu Geschichte und Philosophie. Doch obwohl er die Fächer mochte, vor allem Geschichte, gestand er sich bald ein, dass er nicht dafür geschaffen war, darin eine akademische Karriere zu machen. „Dafür muss man zu 120 Prozent in dem Fach drin sein; ich kam eher auf 50 Prozent“, sagt er. Die andere Hälfte seiner Aufmerksamkeit nahm ein, wie die Wissenschaft organisiert wird. Darüber wollte er alles wissen: Bartz engagierte sich in der Fachschaft, in den Gremien der studentischen und akademischen Selbstverwaltung, in Fakultät und Senat, „denn dort konnte ich Einblicke gewinnen, wie der Betrieb funktioniert“. Sein Hobby ist inzwischen sein Beruf. Olaf Bartz führt seit Anfang 2013 die Geschäfte des Akkreditierungsrates, einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, die für die Akkreditierung der Studiengänge in Deutschland zuständig ist.

Der 42-jährige, verheiratete Wahlkölner ist ein wortgewandter, überlegter Gesprächspartner, dem man die Erfahrung in akademischen Diskussionen anmerkt. Er ist daran gewöhnt, nicht aus der Hüfte steile Thesen aufzustellen, sondern sie mit schlüssigen Argumenten auch zu belegen. In die Wiege ist ihm das nicht gelegt worden: Bartz stammt aus der Nähe von Hannover und ist ein klassischer Bildungsaufsteiger. „Meine Eltern waren keine Akademiker, wir stammen aus einer Vertriebenenfamilie aus Pommern/Ostpreußen“, erzählt Bartz. Der Vater arbeitete als Industriekaufmann bei Miele und verstarb früh, die Mutter war Sozialarbeiterin. Olaf Bartz wuchs als Einzelkind auf und war im Kreise der Cousinen und Cousins einer der Ersten, der zur Uni ging. Bei der Finanzierung des Studiums half zuerst ein Stipendium des evangelischen Studienwerkes, bei der Promotion unterstützte ihn die Hans-Böckler-Stiftung.

Längere Zeit stand der Wissenschaftsrat im Fokus seiner Arbeit. Schon in seiner Dissertation befasste sich Bartz mit der Rolle dieses einflussreichen wissenschaftspolitischen Beratungsgremiums und der Hochschulplanung in den Jahren zwischen 1957 und 1975. In einem anschließenden Postdoc-Projekt schrieb er die Forschungen bis ins Jahr 2007 fort. Später wirkte Bartz erstmals selbst für den Wissenschaftsrat an der Akkreditierung privater Hochschulen mit und lernte damit eine weitere Facette des Wissenschaftsbetriebs kennen. Er fand es interessant, wie die Privaten „das Produkt Lehre verkaufen und ihre ganze Einrichtung entsprechend aufbauen“. So ausschließlich profitorientiert, wie er zuvor vermutet hatte, seien die Privaten aber nicht gewesen, erinnert sich Bartz, häufig hätten philanthropische und institutionelle Interessen hinter den Einrichtungen gestanden.

Während der Wissenschaftsrat nur nichtstaatliche Hochschulen akkreditiert, steuert der Akkreditierungsrat die Bewertung von Studiengängen und Qualitätssicherungssystemen aller Hochschulen. Als dessen Geschäftsführer habe er nun die Chance, „unmittelbar an der Umsetzung von Empfehlungen mitzuwirken, die ich selbst auf der Seite des Wissenschaftsrates mit erarbeitet habe“. Olaf Bartz sieht das Akkreditierungswesen vor großen Herausforderungen, denn nach Abschluss der grundlegenden Reformen der Hochschulen in den Nullerjahren, die vom sogenannten Bolognaprozess mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen bestimmt waren, könne auch die Beurteilung der Qualität von Studiengängen nicht mehr weiterlaufen wie gehabt. „Die Akkreditierungsverfahren müssen evaluativer, unterstützender und in mancher Hinsicht kollegialer werden“, wünscht sich Bartz. Er wolle sich dafür einsetzen, dass man sich dabei mehr an der „konkret erfahrbaren Studienqualität“ orientiert und nicht in erster Linie nur die formale Umsetzung der Reformvorgaben im Blick hat.

Der neue Job eröffnet ihm eine weitere Perspektive darauf, wie Wissenschaft funktioniert. Bartz sieht keine Anzeichen dafür, dass er der alten Faszination überdrüssig werden könnte: „Ich kann mir vorstellen, den Rest meines Berufslebens im Wissenschaftsmanagement zu bleiben.“

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen