Quelle: Cordula Kropke
StipendienAltstipendiat: Der Pressesprecher
Lukas Fuhrmann amtiert seit dem Beginn der Coronapandemie als Pressesprecher der Bremer Gesundheitssenatorin. Ein Stressjob. Doch der gelernte Kinderkrankenpfleger bereut seine Entscheidung nicht. Von Joachim F. Tornau
Ob er geahnt hat, was auf ihn zukommt? „Absolut nicht“, sagt Lukas Fuhrmann. „Das hat niemand.“ Als der 30-Jährige im Februar 2020 seinen Dienst als Pressesprecher der Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard antrat, hoffte er noch auf eine entspannte Einarbeitung. „Das Gesundheitsressort steht normalerweise ja nicht so im Fokus.“ Normal war dann aber gar nichts mehr. Keine zwei Wochen, nachdem Fuhrmann sein Büro in der Bremer Innenstadt bezogen hatte, meldete die Hansestadt ihren ersten Coronafall. Und für den neuen Sprecher begannen zweieinhalb Jahre, in denen er zeitweilig durcharbeitete und kaum noch aus dem Büro herauskam – außer etwa, um Statements in Fernsehkameras zu sprechen. „Das war ein totaler Kaltstart.“ Lukas Fuhrmann ist jung und dennoch ein alter Hase, was das Gesundheitswesen und seine Untiefen angeht. Nach Abitur und Zivildienst absolvierte er eine Ausbildung zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger an den Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden, die in dieser Zeit von einem rein kommunalen Unternehmen zu einem privat geführten wurden. „Das hat mich politisch geprägt.“ Damals wurde er auch zum Vorsitzenden der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gewählt.
Nicht erst seit jenen Tagen ist Fuhrmann überzeugt: „Gesundheitsversorgung gehört in die öffentliche Hand.“ In Wiesbaden regierte erst Rhön, dann Helios. Die Klinikkonzerne bauten Stellen ab und verschlechterten die Arbeitsbedingungen so, dass Personal in Scharen das Weite suchte. Auch Fuhrmann wollte nach der Ausbildung nicht bleiben. „Dabei ist Pflege der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, sagt er. „Ich vermisse ihn immer noch total.“ Gefördert durch ein Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung, begann der junge Gewerkschafter, in Bremen Politikwissenschaften zu studieren, blieb seinem Herzensthema aber nach wie vor verbunden. Neben dem Studium arbeitete er anfangs noch in einer Kinderklinik, später hielt er Bildungsseminare für Verdi und brachte Betriebsräten zum Beispiel das neue Pflegeberufegesetz nahe. In seiner Bachelorarbeit untersuchte er die Auswirkungen von Klinikprivatisierungen auf die Beschäftigungsverhältnisse. „So hat sich das immer durchgezogen“, sagt er.
Als das Jobangebot der Gesundheitssenatorin kam, stand eigentlich noch die Masterarbeit an. Trotzdem sagte Fuhrmann zu – nachdem er sich auch mit seiner Betreuerin bei der Hans-Böckler-Stiftung, Veronika Dehnen, beraten hatte. „Ich habe da ganz viel Bestärkung und Unterstützung erfahren“, berichtet er. Seine Entscheidung habe er, allen Herausforderungen der Coronapandemie zum Trotz, bis heute nicht bereut. Die Masterarbeit, geschrieben nach Feierabend, sei mittlerweile auch fast fertig.
„Ich habe mein Studium angefangen, um eines Tages irgendwo zu landen, wo ich für Verbesserungen in der Pflege sorgen kann“, sagt er. Als Pressesprecher kann er nur nach außen vertreten und erklären, was andere entscheiden, doch das stört ihn nicht. Wenn er die erfolgreiche Bremer Impfkampagne lobt, die niedrigschwellige und mehrsprachige Ansprache durch Gesundheitsfachkräfte in den Stadtteilen oder ein Modellprojekt, das einer Klinik bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen helfen soll, tut er das ganz offensichtlich aus Überzeugung. Eine „progressive Gesundheitspolitik“ bescheinigt er seiner Chefin.
Am 14. Mai wird in Bremen eine neue Bürgerschaft gewählt. Kann die Linken-Politikerin Bernhard als Gesundheitssenatorin weitermachen, wird Fuhrmann wohl auch die nächsten vier Jahre für sie sprechen. Danach, sagt er, dürfe es gerne etwas Neues sein. Man darf vermuten: Allzu weit weg vom Pflege- und Gesundheitswesen wird er sich auch dann nicht begeben.