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Konjunktur-Ampel springt von „grün“ auf „gelb“: IMK-Indikator: Gefahr einer Rezession spürbar gestiegen

16.04.2018

Die wesentlich durch die amerikanische Handelspolitik ausgelöste Verunsicherung in der Wirtschaft und insbesondere auf den Finanzmärkten zeigt Wirkung: Das Risiko, dass Deutschland in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, hat sich von März auf April merklich erhöht. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Für den Zeitraum von April bis Ende Juni weist das Frühwarninstrument, das die aktuellsten verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage bündelt, eine mittlere Rezessionswahrscheinlichkeit von 32,4 Prozent aus. Im März hatte das Rezessionsrisiko bei lediglich 6,8 Prozent gelegen. Der nach dem Ampelsystem arbeitende Indikator springt von „grün“ auf „gelb“ und signalisiert damit eine erhöhte Unsicherheit (Rezessionswahrscheinlichkeit ab 30 Prozent).

Den deutlichen Anstieg beim Rezessionsrisiko erklärt das IMK mit einem Mix aus drei Faktoren: dem zuletzt merklichen Rückgang der Industrieproduktion, einer gestiegenen Volatilität an den Börsen und einer Verschlechterung von Stimmungsindikatoren. Während die Gründe für das Produktionsminus im Februar nicht ganz klar sind – möglicherweise spielte auch die Grippewelle eine Rolle –, führen die Konjunkturforscher die Negativ-Signale von den Finanzmärkten und die schlechtere Stimmung zum größten Teil auf den Konfrontationskurs zurück, den US-Präsident Donald Trump in der Handels- und Zollpolitik eingeschlagen hat. Die Eintrübung des Indikators wäre sogar noch stärker ausgefallen, wenn nicht die deutschen Unternehmen weiterhin ein ausgesprochen günstiges Finanzierungsumfeld vorfänden, was der Indikator positiv wertet.

„Präsident Trumps Flirt mit dem Protektionismus sendet Schockwellen aus, die über die Finanzmärkte auch die deutsche Wirtschaft treffen. Noch bevor klar ist, ob die amerikanischen Strafzölle auch auf europäische Waren ausgedehnt werden, breitet sich starke Verunsicherung aus“, sagt der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Gustav A. Horn.

Trotz des deutlichen Anstiegs der Rezessionswahrscheinlichkeit halten es die Konjunkturforscher für verfrüht, ihre positive Prognose für 2018 und 2019 zu reduzieren. „Unsere Bedenken wachsen, aber noch gehen wir von einem anhaltenden Aufschwung aus, der im Kern von der Binnenwirtschaft getragen wird“, sagt Horn. „Sollte sich die Negativtendenz aber in den kommenden Monaten verfestigen, müssten wir die Wachstumsprognose deutlich nach unten korrigieren.“

Der IMK-Direktor empfiehlt den Europäern, bei Verhandlungen mit den USA mit einer Stimme zu sprechen und sich nicht gegen China oder andere Länder ausspielen zu lassen. Zudem seien Regierungen und Europäische Zentralbank (EZB) gefordert, alles zu vermeiden, was die von den Finanzmärkten ausgehende Unsicherheit noch verstärken könne. „Die EZB muss also beispielsweise noch vorsichtiger sein, wenn sie eine Zinswende einleitet“, sagt Horn. In Deutschland sollte die Bundesregierung eine Politik fahren, die den Trend zu stärkeren Lohnsteigerungen unterstützt und darüber hinaus die öffentlichen Investitionen weiter ausweiten. „Wenn wir die Binnennachfrage in Deutschland und Europa stärken, hat das zwei positive Wirkungen: Erstens wird unser Wachstum unempfindlicher gegen Turbulenzen auf den globalen Exportmärkten. Zweitens sinkt tendenziell der weiter sehr hohe Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz. Damit würde Donald Trump der Wind aus den Segeln genommen.“

In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt dabei die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das Frühwarnsystem signalisiert eine Rezession, wenn die Industrieproduktion in einem Zeitraum von fünf Monaten um mindestens ein Prozent schrumpft.

Der IMK-Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.

Weitere Informationen:

Zum IMK-Konjunkturindikator

Kontakt:

Prof. Dr. Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Peter Hohlfeld
IMK

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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