Forschungsprojekt: Berufseinstieg von Hochschulabsolventen

Praktika und prekäre Beschäftigung nach dem Studium. Nachfolgestudie zum Thema "Generation Praktikum 2010"

Projektziel

Die Vorgängerstudie "Generation Praktikum" löste 2006 ein erhebliches öffentliches Interesse aus, widersprüchliche Zahlen wurden diskutiert. Nach wie vor mangelt es an Einblicken in die Qualität von Praktika und in die subjektive Wahrnehmung dieser potenziell prekären Beschäftigungssituation. Das vorliegende Projekt widmete sich diesen qualitativen Aspekten von Praktika nach Studienabschluss.

Projektbeschreibung

Kontext

Die Einstiegswege von Hochschulabsolventen in den Beruf verlaufen häufig nicht "gradlinig", sondern erheblich ausdifferenziert. So ergab die Vorgängerstudie "Generation Praktikum", dass im Abschlussjahrgang 2002/03 rund 40 Prozent der Befragten nach dem Studium ein Praktikum absolviert hatten, davon fast die Hälfte ein unbezahltes. Gründe für die Aufnahme von Praktika und die konkret gemachten Erfahrungen weisen dabei eine große Bandbreite auf.

Eine repräsentative Panelbefragung der HIS GmbH (Briedis/Minks 2007) kommt auf einen Anteil der postgradualen Praktika von rund 15 Prozent der Absolventen. Auch ein Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS, 2008) beschreibt Praktika nach Ende des Studiums als ein bedeutsames Phänomen. Über die qualitative Ausgestaltung von Praktika nach Studienabschluss liegen allerdings bislang nur wenige und zu hoch aggregierte Informationen vor, um belastbare Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen aussprechen zu können.

Fragestellung

Die Studie "Generation Praktikum II" knüpft methodisch an die Befragung des Abschlussjahrgangs 2002/03 an. Anhand einer erweiterten Stichprobe wurden Praktika während und nach dem Studienabschluss sowie zu Vergleichszwecken Volontariate, Hospitationen und Referendariate des Abschlussjahrgangs 2006/07 untersucht und etwaige Veränderungstrends beleuchtet:

- Aus welchen Gründen werden Praktika nach Studienabschluss aufgenommen?

- Wie lassen sich Praktika qualitativ und quantitativ in Form einer Typisierung beschreiben?

- Welche Rolle spielt der "Klebeeffekt", d.h. die Hoffnung auf bzw. die tatsächliche Übernahme?

- Welche Unterschiede hinsichtlich Geschlecht, Fachgruppe, Region, Branche zeigen sich?

- Welchen Bedarf für gesetzgeberische und/oder gewerkschaftlich initiierte Eingriffe sehen die Befragten?

Die Studie "Generation Praktikum II" erweitert das Wissen über Praktika nach Studienabschluss qualitativ und gibt vor diesem Hintergrund handlungsorientierte Impulse.

Untersuchungsmethoden

Insgesamt 674 Absolventinnen und Absolventen des Abschlussjahres 2007 aus vier regional verteilten deutschen Universitäten (Universität Hamburg, Universität Rostock, Freie Universität Berlin sowie Universität zu Köln) beantworteten auf freiwilliger Basis einen Online-Fragebogen, in dem sie ihre berufliche Biografie für die Zeit zwischen Studienabschluss und dem Befragungszeitpunkt (Oktober bis Dezember 2010) nachzeichneten.

Die Befragten aus einem breiten Spektrum von Fächergruppen schilderten insgesamt 417 Episoden von Praktika und praktikumsähnlichen Beschäftigungsformen. Sie gaben Auskunft zu ihren Motiven, zu objektiven Rahmenbedingungen sowie zu subjektiven Bewertungs- und Erfahrungskriterien. Die insgesamt 230 vorliegenden ausführlichen Berichte über "echte" Praktika nach Studienabschluss sind der Kern dieser Studie. Neben deskriptiven Auswertungen erfolgte eine Clusteranalyse, aus der sich sechs Typen von Praktika nach Studienabschluss ergaben.

Darstellung der Ergebnisse

- Die Befragten geben zwischen 4 und 5 Praktika und praktikumsähnliche Phasen vor, während oder nach ihrem Studium an. Praktika nach Studienabschluss schildern rund 30 Prozent der hier Befragten, der "wahre" Anteil (ohne Stichprobenverzerrung) liegt bei ca. 15-18 Prozent.

- Bezahlte Praktika nach Studienabschluss werden mit durchschnittlich 3,77 Euro pro Stunde vergütet , 40 Prozent sind gänzlich unbezahlt. Die Mehrheit der Praktikantinnen und Praktikanten ist auf finanzielle Unterstützung (Eltern, Ersparnisse, Sozialleistungen) angewiesen.

- Die Praktikumstypen I "Training on the Job" (16%), II "faires Lernangebot" (15%) und III "Learning by Doing" (24%) sind "gute" Praktika und machen zusammen 55 Prozent der Praktika aus. Typ IV "Vollzeit-Nebenjob" (24%) ist zweischneidig, während Typ V "unklare Rollen" (11%) sowie Typ VI "billige Arbeitskraft" (10%) "schlechte" Praktika darstellen.

- 78 Prozent der Befragten fordern regelmäßige Kontrollen, ob Praktikumsplätze reguläre Beschäftigung ersetzen, 76 Prozent befürworten eine Festsetzung einer Mindestvergütung (d. h. Verbot unbezahlter Praktika). 32 Prozent fordern ein generelles Verbot von Praktika nach Studienabschluss.

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