Forschungsprojekt: Kollegiale Arbeitnehmerüberlassung

Möglichkeiten und Risiken der tarifvertraglichen Unterstützung kollegialer Arbeitnehmerüberlassung

Projektziel

Die Flexibilisierung des Personaleinsatzes im Rahmen tarifvertraglich geregelter kollegialer Arbeitnehmerüberlassung stellt insbesondere für kleinere Unternehmen eine Alternative zur herkömmlichen Leiharbeit dar, ist aber für Betriebe und Beschäftigte auch mit Risiken behaftet. Die Studie gibt erste Hinweise auf die Potenziale und Probleme dieses Elements qualitativer Tarifpolitik.

Projektbeschreibung

Kontext

Einige Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände haben Tarifverträge zur kollegialen, nicht gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern abgeschlossen. Ein wichtiges Ziel dieser Instrumente ist es, die Personalkapazitäten eines Unternehmens an die Auftragslage anzupassen. Während manche Unternehmen über einen erhöhten Personalbedarf verfügen, der durch Überstunden, Leiharbeit oder (befristete) Neueinstellungen bewältigt werden muss, können andere einen Nachfragerückgang nur über Kurzarbeit oder im Extremfall Entlassungen bewältigen. Die Arbeitnehmerüberlassung stellt dabei ein Instrument dar, welches den Flexibilisierungsbedarf sowohl von Unternehmen mit hoher als auch von solchen mit geringer Auslastung zeitweise abdecken kann.

Fragestellung

Das Forschungsprojekt hat die Frage nach den Chancen und Risiken der kollegialen Arbeitnehmerüberlassung auf Basis tarifvertraglicher Regelungen untersucht. Ein Ziel bestand darin, Probleme der praktischen Umsetzung sowie den möglichen Verbesserungsbedarf zu eruieren.

- Welche positiven und negativen Erfahrungen haben Betriebe mit dem Instrument gemacht? Wie wird es von den betroffenen Beschäftigten eingeschätzt?

- Welche Chancen und welche Risiken und Probleme birgt das Instrument? Welche tarifvertraglichen Elemente sind hinderlich, welche förderlich?

- Trägt die Arbeitnehmerüberlassung zu einer ökonomischen Stabilisierung der Betriebe bei?

- Wird der tarifvertragliche regulierte Beschäftigtenaustausch als praktikable Alternative zu anderen Konzepten zur Verbesserung der Personaleinsatzflexibilität, z.B. zu innerbetrieblicher Flexibilisierung und herkömmlicher Leiharbeit, angesehen?

Untersuchungsmethoden

Die Nutzungsweisen, betriebs- und personalspezifischen Problemlagen wurden mit Hilfe problemzentrierter Experteninterviews mit Betriebspraktikern untersucht. Dabei wurde sowohl die Sichtweise des Unternehmens bzw. der Geschäftsleitung als auch die der Beschäftigten und berücksichtigt. Es wurden Betriebe in drei Regionen (Chemnitz, Arnsberg, Braunschweig) untersucht, in denen entsprechende Tarifverträge existieren. Dabei wurden drei Betriebs-Fallstudien sowie eine Sekundäranalyse durchgeführt. Zudem wurden zahlreiche Gespräche mit Verbandsvertretern (IG Metall und regionale Arbeitgeberverbände) geführt.

Darstellung der Ergebnisse

- Tarifverträge zur kollegiale Arbeitnehmerüberlassung werden erst von wenigen Unternehmen, die unter entsprechende Regelungen fallen, angewendet. Gründe liegen in der Unkenntnis der tarifvertraglichen Möglichkeiten und in Vorbehalten gegenüber dem Personalaustausch.

- Die Erfolgschancen liegen vermutlich höher, wenn die betroffenen Unternehmen bereits bei der Entwicklung der Tarifverträge beteiligt sind und wenn externe Befürworter die Initiative ergreifen und vorantreiben.

- Die Nutzungsbereitschaft der Unternehmen könnte durch eine verbesserte Informationspolitik der Verbände und entsprechende Koordinatsformen (Vermittlungsagenturen, Internetbörsen) sowie vertrauensfördernde Maßnahmen (good practice-Beispiele, workshops) erhöht werden.

- Im Vergleich zu gewerblicher Leiharbeit besitzt die kollegiale Arbeitnehmerüberlassung Vorteile für die Beschäftigten und Unternehmen: Sie trägt zur Stabilisierung der Betriebe und Beschäftigungsverhältnisse bei.

- Probleme liegen darin, dass bei anziehender Konjunktur in einer Branche viele Betriebe über einen erhöhten Personalbedarf verfügen, während bei einer Nachfrageschwäche eher ein Personalüberhang vorhanden ist.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Markus Hertwig
Ruhr-Universität Bochum Institut für Arbeitswissenschaft
Lehrstuhl Soziologie der digitalen Transformation
Markus.Hertwig@ruhr-uni-bochum.de

Kontakt

Dr. Stefan Lücking
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
stefan-luecking@boeckler.de

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