Forschungsprojekt: Niedriglohnstrategien im Hochlohnsektor

- Auswirkungen der Europäisierung des Arbeitsmarktes in der deutschen Metall- und Elektroindustrie

Projektziel

Im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung und der Öffnung der Arbeitsmärkte nach Mittel- und Osteuropa setzt sich in den letzten Jahren eine neue Form der Arbeitsmigration durch: die Entsendung von Arbeitnehmern aus MOE-Ländern, die auf Basis von Werkverträgen Dienstleistungen in Deutschland erbringen. Die Studie untersucht diese Prozesse für die Metall- und Elektroindustrie.

Projektbeschreibung

Kontext

Vorreiter der neuen Arbeitskräftepolitik war in der Vergangenheit die Baubranche. Hier wurde aufgrund der hohen Ortsgebundenheit der Produktion bereits früh der Weg beschritten, Arbeitnehmer aus Niedriglohnländern an den "Ort der Produktion" zu bringen. Seit den 1980er Jahren gingen vor allem größere Unternehmen dazu über, Subunternehmer einzusetzen, um Effizienzvorteile aus dem Einsatz von Arbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa zu erzielen. Die Folge war, wie allgemein bekannt, ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden mit massiven Verschlechterungen in den Beschäftigungsbedingungen und einer Flut von Insolvenzen unter deutschen Bauunternehmen. Die Metall- und Elektroindustrie gehörte bislang nicht zu den Vorreitern der Nutzung von MOE-Arbeitskräften. Mit der Einführung der Dienstleistungsfreiheit nehmen die Tendenzen der Fremdpersonalnutzung jedoch auch hier rasch an Bedeutung zu.

Fragestellung

Die Studie geht der Frage nach, wie sich der Wegfall von Zugangsbeschränkungen zum deutschen Metall- und Elektroarbeitsmarkt und der Abbau von Rechtsvorschriften auf die Beschäftigung von MOE-Werkvertragsarbeitnehmern in der Metall- und Elektroindustrie auswirken, welche Größenordnung diese Beschäftigung bereits erreicht hat, welche Motive die Unternehmen in dieser Hinsicht verfolgen und welche Auswirkungen sich für die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der Branche ergeben. Die folgenden Fragestellungen wurden in diesem Zusammenhang genauer untersucht:

1. Welche Entwicklungen der Arbeitsmigration aus mittel- und osteuropäischen Ländern lassen sich nach der EU-Osterweiterung erkennen?

2. Wo liegen die Schwerpunktbereiche der Beschäftigung von MOE-Arbeitskräften und unter welchen Bedingungen erfolgt diese Beschäftigung?

3. Welche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind im Zusammenhang mit der Beschäftigung von MOE-Arbeitskräften in Zukunft zu erwarten?

Untersuchungsmethoden

Da die Arbeitskräftemigration aus MOE-Ländern in der deutschen Metall- und Elektroindustrie ein relativ neues Phänomen ist, liegen bisher noch kaum empirische Ergebnisse zu dieser Thematik vor. Die Studie hat daher einen stark explorativen Charakter. Die Datenauswertung ist überwiegend sekundäranalytisch angelegt. Sie konzentriert sich auf die einschlägige sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Literatur sowie auf öffentlich zugängliche Statistiken der Bundesagentur für Arbeit, der EU, des Zolls, der Bundesbank sowie anderer relevanter Institutionen und Organisationen. Flankierend hierzu wurden als eigener Erhebungsanteil Interviews mit Fachexperten und Betriebsräten in betroffenen Unternehmen durchgeführt (insgesamt zehn Interviews).

Darstellung der Ergebnisse

1. Mit der EU-Osterweiterung nimmt die Entsendung von MOE-Arbeitskräften in der deutschen Metall- und Elektroindustrie schnell an Bedeutung zu. Damit ziehen Arbeits- und Beschäftigungsformen in die Metall- und Elektroindustrie ein, die die bestehenden Tarifbedingungen in einigen Bereichen schon deutlich zu unterlaufen drohen.

2. Der Einsatzschwerpunkt von MOE-Arbeitskräften konzentriert sich bislang vor allem auf kleine und mittelständische Unternehmen aus arbeitsintensiven Bereichen wie Werften, Stahlbau, Gießereien sowie Teilen der Zulieferindustrie des Fahrzeug- und Maschinenbaus sowie der Elektrotechnik. In jüngster Zeit beginnen allerdings auch einige Endhersteller in der Automobil- und Elektroindustrie entsendete Arbeitnehmer aus Mittel- und Osteuropa einzusetzen.

3. Negative Folgen der Niedriglohnstrategien betreffen in erster Linie den Bereich der geringer qualifizierten gewerblichen Tätigkeiten. In diesem Arbeitsmarktsegment sind starke Substitutionseffekte und damit einhergehende Gefahren der Lohnabsenkung und der Erhöhung des Arbeitsplatzrisikos zu erwarten. Im Bereich der Facharbeit sind diese Tendenzen bisher noch geringer ausgeprägt.

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