Projektbeschreibung
Kontext
Die Einführung des SGB II hat auf verschiedenen Ebenen Auswirkungen auf die Wohlfahrtsproduktion. Sowohl die Inhalte des Gesetzes selbst, dem eine ambivalente Zielausrichtung innewohnt, als auch die organisationalen Veränderungen, die mit der Zusammenführung von Teilen der Sozial- und Arbeitsverwaltung einhergehen, bedeuten Veränderungen in der Produktion sozialer Dienstleistungen. Der Gesetzgeber hat verschiedene Varianten ermöglicht, um die Umsetzung der Aufgaben vor Ort zu realisieren (ARGE, zkT, gAw). Innerhalb dieser Umsetzungsvarianten wird in den lokalen Einheiten auf unterschiedliche Weise vorgegangen. Dabei spielen lokale Strukturen, insbesondere die Traditionen der Kooperation zwischen den Beteiligten im Vorfeld des neuen Gesetzes, eine erhebliche Rolle. Angesichts des Interpretationsspielraums für die lokalen Akteure erweist sich daher ein präziser Blick auf deren Praxis als besonders instruktiv, will man die konkreten Auswirkungen des Gesetzes angemessen rekonstruieren.
Fragestellung
Untersuchungsleitend für die Studie ist die Frage, wie sich die Leistungsprozesse hinsichtlich der beruflichen Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in unterschiedlichen Organisationen angesichts der gesetzlichen Veränderungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitslose (SGB II) verändern. Da in einer Vorstudie die Arbeitsprozesse des Case Managements im Rahmen der Gewährung von Sozialhilfe nach dem BSHG analysiert wurden, kann die Studie vergleichend analysieren, wie gesetzliche sowie organisatorische Veränderungen Einfluss auf die Arbeitsabläufe in der Organisation, die Abstimmungsprozesse zwischen den Akteuren und nicht zuletzt auf die Interaktion im Beratungsprozess ausüben. Besonders wird dabei die Rolle des Case- oder Fallmanagements analysiert.
Auf der Basis von Fallstudien wird diese Fragestellung unter drei thematischen Gesichtspunkten fallübergreifend bearbeitet (Pfadabhängigkeit; Ambivalenz zwischen Arbeitsmarkt- und Fürsorgepolitik; Steuerung der Leistungsprozesse).
Untersuchungsmethoden
Im Zentrum der Erstellung der Fallstudien stehen Leitfaden gestützte Experteninterviews mit den für die Umsetzung relevanten lokalen Akteuren. Darüber hinaus wurden Beratungsgespräche beobachtet und Nachgespräche mit den Professionellen geführt. Schließlich wurden die für die Umsetzung wesentlichen Dokumente (ARGE Verträge; Organigramme, Konzeptpapiere, usw.) in die Fallstudie mit einbezogen.
Da in der vorangegangenen Studie "Vom Case- zum Fallmanagement" bereits die Ausgangsbedingungen im Bereich der "Hilfe zur Arbeit" nach dem BSHG rekonstruiert wurden, konnte für eine vergleichende Analyse auch auf diese Materialien zurückgegriffen werden. Mittels dieses multiperspektivischen Ansatzes konnten "dichte Beschreibungen" der lokalen Arrangements erstellt werden.
Zur Unterstützung der Auswertung der Experteninterviews wurde mit dem PC Programm MAXQDA gearbeitet. Dadurch wurde eine vergleichende Analyse der vorhandenen Materialien systematisch erleichtert.
Darstellung der Ergebnisse
- Die Studie zeigt, dass die Bedingungen für Fallmanagement, das der Aktivierung von Arbeitslosen mit Vermittlungshemmnissen dienen könnte, nur sehr begrenzt gegeben sind. Dies liegt nicht am "bösen Willen" der lokalen Akteure, sondern hat damit zu tun, dass eine "umkämpfte Pfadabhängigkeit" zu Strukturen geführt hat, die Fallmanagement erschweren bzw. marginalisieren.
- Eine solche Reduktion bedeutet, dass Fallmanagement zum Mythos wird. Dieser Mythos verbirgt die Realität, dass eine Aktivierung in Richtung Arbeitsmarkt nur für einen Teil der Klientel erfolgt, der vergleichsweise schnell vermittelbar ist, während der Teil der "schwer Vermittelbaren" tendenziell schlechter versorgt wird als unter den Bedingungen des BSHG.
- Damit wird genau das nur begrenzt umgesetzt, was programmatisch mit der Reform gewollt wurde. Aktivierung beschränkt sich auf den Personenkreis, der rasch integrierbar ist und Fallmanagement nicht benötigt. Sollte sich dies flächendeckend feststellen lassen muss die Arbeitsmarktreform - gemessen an ihren Intentionen und ihrer Legitimation - zumindest partiell als gescheitert betrachtet werden.