Projektbeschreibung
Kontext
Ungeachtet der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen ist ihre Gleichstellung in der Erwerbssphäre nicht eingelöst. Wesentliche Ursache für Segregationsprozesse und geschlechterspezifische Ungleichheiten am Arbeitsmarkt sind nach wie vor die Strukturen gesellschaftlicher und privater, familiärer Arbeitsteilung. Lange Ausstiegszeiten für Frauen aus dem Arbeitsmarkt und Schwierigkeiten des beruflichen Wiedereinstiegs sind kennzeichnend für die Arbeitsmarktpartizipation in Phasen der Kinderbetreuung in der Bundesrepublik. Bis 2001 fehlten gesetzliche Arbeitnehmerrechte zur Gestaltung optionaler Arbeitszeiten in Deutschland. Arbeitszeitreduzierungen und Möglichkeiten des Wechsels zwischen unterschiedlichen Arbeitszeiten in und nach der Elternzeit waren der Entscheidung der Unternehmen überlassen, die diese vornehmlich im Rahmen von Flexibilisierungsinteressen auf den unteren Ebenen der betrieblichen Hierarchie nutzten.
Fragestellung
Ziel der empirischen Untersuchung war eine Wirkungsanalyse der Neuregelungen auf der betrieblichen Ebene unter dem Gesichtspunkt einer familien- und gleichstellungsorientierten Arbeitszeitpolitik. Zentrale Forschungsfragen waren
1. ob und in welcher Form die zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumente von den Beschäftigten mit Kindern genutzt werden;
2. welche Rolle den Personalverantwortlichen und Arbeitnehmervertretungen bei der Implementation zukommt und welche Bedingungen und Faktoren sich in der betrieblichen Praxis auf die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben fördernd oder hindernd auswirken;
3. welche Konsequenzen sich aus der Umsetzung der gesetzlichen Normen für die Beschäftigten ergeben;
4. ob sich aufgrund der erweiterten Rechtsgrundlagen und der damit verbundenen Erfahrungen neue Wahrnehmungsweisen bezogen auf die Kombination von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung ergeben, die neue Handlungsimpulse zur Folge haben.
Untersuchungsmethoden
Als exploratives Projekt zielte das Forschungsprojekt darauf, vertiefte Befunde zur Implementation der Gesetze und zu den Handlungsstrategien der betrieblichen Akteure zu liefern. Daher wurden Leitfadeninterviews als methodisches Erhebungsinstrument verwendet. Befragt wurden weibliche und männliche Beschäftigte mit Kindern, Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen sowie Personalverantwortliche des mittleren und oberen Managements. In das Untersuchungssample wurden fünf Großbetriebe verschiedener Branchen und Beschäftigte mit unterschiedlicher Qualifikation einbezogen. Bei den Beschäftigten handelte es sich um Beschäftigte mit mittlerer und hoher Bildungsqualifikation.
Insgesamt wurden 77 mehrstündige Interviews geführt, 40 Interviews mit Beschäftigten, 20 Interviews mit Personalverantwortlichen und 17 mit Betriebsräten.
Darstellung der Ergebnisse
- Nach den Ergebnissen bestehen in geringem Maße Barrieren bei der Teilzeitumsetzung für Beschäftigte mit mittlerer Qualifikation.
- Als problematisch erweist sich die Umsetzung der Teilzeitrechte bei hochqualifizierten Beschäftigten. Dies bezieht sich insbesondere auf das Segment der Leitungspositionen wie auf den beruflichen Aufstieg von hochqualifizierten Beschäftigten mit reduzierten Arbeitszeiten. Darüber hinaus lassen sich bei dieser Beschäftigtengruppe in hohem Maße Verschlechterungen der Arbeitsqualität und der Arbeitsbedingungen feststellen.
- Wird die Ablehnung reduzierter Arbeitszeiten weitgehend über die Notwendigkeit der Arbeitsorganisation begründet, zeigen vertiefte Fallanalysen der befragten Personalverantwortlichen und Betriebsräte, dass der eigene Arbeits- und Lebensentwurf die Ablehnung der Teilzeitrechte entscheidend prägt.
- Veränderungsbedarf besteht im Hinblick auf die Beseitigung gesetzlicher Defizite zur Stärkung der Teilzeitrechte.