Projektbeschreibung
Kontext
Psychische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen von Arbeitsunfähigkeit und gesundheitsbedingten Frühverrentungen. Therapieangebote mit verstärktem Arbeitsweltbezug und Kooperationen zwischen dem medizinisch-therapeutischen und betrieblichen System erscheinen vielversprechend, um die betriebliche Wiedereingliederung psychisch erkrankter Personen gezielt zu unterstützen, wurden bislang aber nur vereinzelt umgesetzt und wenig untersucht.
Fragestellung
Das Projekt erforschte bestehende arbeitsweltbezogene Therapieangebote und Kooperationsformen im Rahmen akuter und rehabilitativer Versorgung sowie im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Förderfaktoren und Barrieren der erfolgreichen Umsetzung solcher Strategien sowie der betrieblichen Wiedereingliederung Betroffener wurden identifiziert und entsprechende Praxisempfehlungen abgeleitet. Im Einzelnen wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen: 1. Welche Rolle spielt die Arbeit bzw. Arbeitsfähigkeit bei psychischen Krisen/Erkrankungen in der therapeutischen Arbeit in Akut- und Rehakliniken? 2. Wie beschreiben und schätzen klinische RTW-Experten sowie Betroffene selbst den Arbeitsweltbezug in der therapeutischen Arbeit ein? 3. Wie beschreiben und bewerten klinische und betriebliche RTW-Experten die Zusammenarbeit zwischen dem betrieblichen und medizinisch-therapeutischen System?
Untersuchungsmethoden
Zur umfassenden und vertiefenden Exploration des Forschungsgegenstandes wurde ein qualitatives multiperspektivisches Studiendesign angewendet. Erfasst wurden die Perspektiven von klinischen und betrieblichen RTW-Experten sowie von Betroffenen. Um neben explizitem auch implizites Erfahrungs- und Handlungswissen erfassen zu können, wurden mit beteiligten Akteursgruppen leitfadengestützte Gruppendiskussionen durchgeführt und mittels dokumentarischer Methode ausgewertet. Leitfadengestützte telefonische Interviews mit den Betroffenen, die sechs Monate nach den Gruppendiskussionen durchgeführt und qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet wurden, ergänzten die Erhebungen und Analysen um eine Längsschnittperspektive.
Darstellung der Ergebnisse
Im Projekt wurden ein individuumsbezogener Selbstmanagementansatz und ein systemischer Fallmanagementansatz rekonstruiert. Beim ersten Ansatzes ist die zentrale Frage, was Betroffene tun müssen, um an den Arbeitsplatz zurückzukehren; beim zweiten Ansatz wird zudem danach gefragt, was am Arbeitsplatz getan werden kann. Diese Ansätze werden u.a. durch die (be-) handlungsleitenden Orientierungsrahmen der beteiligten Akteure beeinflusst, wie z. B. deren Annahmen zur Veränderbarkeit arbeitsbezogener Risikofaktoren. Während die größte Stärke des individuumsbezogenen Ansatzes in der Stärkung der Selbstsorge liegt, verspricht der systemische Ansatz durch die Kombination individuumsbezogener und betrieblicher Maßnahmen mehr Nachhaltigkeit im RTW-Prozess. Zusammenfassend wurde gezeigt, dass psychisch erkrankte Beschäftigte bei ihrer Wiedereingliederung von vernetzten und arbeitsplatzbezogenen Angeboten profitieren können. Diese Angebote sollten in ein funktionierendes BEM eingebunden sein. Die Herausforderung besteht darin, die Stärken beider Ansätze zu kombinieren und eine Balance zwischen individueller Selbst- und betrieblicher Fürsorge im Prozess der Wiedereingliederung zu finden.