Projektbeschreibung
Kontext
In der Gesundheits- und Pflegebranche in Deutschland gibt es einen Fachkräftemangel, der in den nächsten Jahren aufgrund des demografischen Wandels noch größer werden wird. Trotz verschiedener Initiativen reichen die einheimischen Arbeitskräftepotenziale nicht aus, um die Fachkräftelücke unter den gegebenen Arbeits- und Finanzierungsbedingungen in der Branche zu schließen. Bei wachsendem Pflegebedarf werden deshalb autonome Zuwanderung und gezielte Anwerbung von Pflegefachkräften aus dem Ausland als Lösung betrachtet. Bislang ist die betriebliche Integration von Pflegefachkräften in den verschiedenen Sektoren der Gesundheits- und Pflegebranche (Krankenhaus, Rehakliniken, Alten- und Pflegeheime sowie ambulante Dienste) noch unzureichend erforscht worden. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Pflegearbeitsmärkte ist eine Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen der Zuwanderung und den Strukturen der betrieblichen Integration der Pflegefachkräfte angezeigt.
Fragestellung
Im Fokus des Forschungsprojektes steht die betriebliche Integration von zugewanderten Pflegefachkräften, die von verschiedenen (oft gegensätzlichen) betrieblichen Anerkennungs- und Entwertungsdynamiken geprägt ist. Das Projekt geht der Frage nach, wie sich diese Prozesse auf die Chancen einer erfolgreichen und nachhaltigen Integration in die Betriebe und die Gesundheits- und Pflegebranche in Deutschland auswirken.
Untersuchungsmethoden
Durch die Analyse gesetzlicher Rahmenbedingungen und Verknüpfung verschiedener Datenquellen werden zunächst die Hauptmerkmale von Migration und sozialer Lage der zugewanderten Pflegefachkräfte in Deutschland erfasst. Zusammen mit den Experteninterviews ergibt sich ein Gesamtbild von unterschiedlichen Startbedingungen für Pflegefachkräfte aus anderen Ländern. In biografisch-narrativen Interviews mit zugewanderten Pflegefachkräften und alteingesessenen Organisationsangehörigen wird untersucht, wie sich betriebliche Integrationsprozesse im Spannungsfeld der formalen Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Qualifikationen und der informellen Entwertungsdynamiken gestalten, die sich aus unterschiedlichen Fach- und Organisationskulturen ergeben. In Kombination mit Gruppendiskussionen ergibt sich ein umfassendes Bild über die Handlungsweisen und Strukturen, die sich hemmend oder fördernd auf die betriebliche Integration der zugewanderten Pflegefachkräfte auswirken.
Darstellung der Ergebnisse
Unsere Studie zeigt, dass sich die internationale Anwerbung zunehmend als Strategie erweist, um den Fachkräftemangel in der Pflege abzumildern. Dies wird durch arbeitsmarktorientierte Zuwanderungspolitik sowie durch ein zunehmend professionalisiertes Anwerbungsmanagement erleichtert. Aber der betriebliche Integrationsprozess der neu migrierten Pflegefachkräfte ist von Ambivalenzen gekennzeichnet. Dies wird in den Spannungsverhältnissen und Konflikten deutlich, die zwischen den neu migrierten und etablierten Pflegefachkräften in den Interaktionen am Arbeitsplatz entstehen und entlang der Dimensionen von „Fachlichkeit“, „Arbeitsorganisation“ sowie „Kulturalisierung“ verlaufen. Diese sind von Wissens- und Kompetenzunterschieden, aber auch von Stereotypen und Vorurteilen, fragilen Anerkennungsverhältnissen sowie Missachtungserfahrungen gekennzeichnet. Dementsprechend erschweren die konflikthaften Spannungen die Bindung an den Betrieb und weisen auf die Notwendigkeit der Schaffung einer anerkennenden Arbeitsatmosphäre hin.