zurück
HBS Böckler Impuls

Arbeitszeit: Fremdbestimmung verursacht Stress

Ausgabe 03/2016

Gestresst vom Job? Das liegt nicht selten an den Arbeitsbedingungen. Wissenschaftler haben untersucht, wie Arbeitgeber die Beschäftigten entlasten können.

Stress schadet der Gesundheit. Das ist allgemein bekannt, unternommen wird dagegen jedoch wenig. Dabei könnten gerade Arbeitgeber einiges tun, um Druck von ihren Mitarbeitern zu nehmen. Insbesondere fremdbestimmte unregelmäßige Arbeitszeiten, Überstunden und schlechte Aufstiegschancen erhöhen den Stress am Arbeitsplatz, wie eine Studie von Elena Shvartsman und Michael Beckmann zeigt. Die Wirtschaftswissenschaftler der Universität Basel wollten herausfinden, wie sich die Personalpolitik von Unternehmen auf die Mitarbeiter auswirkt.

Der Analyse zufolge führen lange Arbeitszeiten nicht notwendigerweise zu höherer Belastung. Entscheidend sei, in welchem Maße die Beschäftigten ihre Zeiten selbst gestalten können. „Fehlende Autonomie bei der Arbeitszeitgestaltung ist eine potenzielle Quelle für Stress“, schreiben die Wissenschaftler. Beschäftigte, deren Arbeitgeber zeitliche Flexibilität einfordert, seien in der Regel gestresster. Ebenfalls stressgefährdet sind laut Studie diejenigen, die gezwungenermaßen lange arbeiten – etwa weil Überstunden vom Chef festgesetzt werden. Wenn lange Arbeitszeiten und geringe Entscheidungsspielräume zusammentreffen, sei das Risiko stressbedingter Belastungen besonders hoch.

Wer seine Stunden flexibel einteilen kann, fühle sich weniger gestresst, so die Forscher. Wobei es auch unter den selbstbestimmten Arbeitnehmern Unterschiede gibt: Wer völlig frei über seine Arbeitszeit entscheiden kann, arbeitet pro Woche durchschnittlich rund acht Stunden mehr als vertraglich vereinbart. Gibt es dagegen einen Rahmen, innerhalb dessen die Arbeitsstunden frei verteilt werden können – geregelt zum Beispiel durch Arbeitszeitkonten – kommen Beschäftigte auf weniger als vier Überstunden. Sie leisten damit unwesentlich mehr Überstunden als Arbeitnehmer mit festen Zeiten. Das zeigt: Es ist gut, selbst entscheiden zu können, wann man seine Aufgaben erledigt, die Zahl der Stunden aber in begrenztem Rahmen bleibt.

Wenn umgekehrt der Arbeitgeber über flexible Arbeitszeiten bestimmt, kommen Beschäftigte auf etwa fünf Stunden Mehrarbeit pro Woche. Gleichzeitig lässt sich „eine zunehmende Stressintensität bei Arbeitnehmern mit fremdbestimmten flexiblen Arbeitszeiten nachweisen“, schreiben die Wissenschaftler.

Wichtig ist außerdem, ob die Beschäftigten eine angemessene Gegenleistung für ihren Einsatz erhalten. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen entsprechenden Lohn oder die Aussicht auf eine Beförderung handeln. Sind die Chancen auf einen beruflichen Aufstieg schlecht, wird die Arbeit der Studie zufolge als stressiger empfunden. Umgekehrt fühlen sich Arbeitnehmer weniger gestresst, wenn sie denken, dass ihre Arbeit gerecht bezahlt wird.

„Erstens sollten Arbeitgeber darauf achten, adäquate Gehälter zu zahlen“, schreiben die Wissenschaftler. „Zweitens sollten sie Aufstiegschancen ermöglichen. Und schließlich sollten sie Mitarbeitern mehr Kontrolle über ihre Arbeitszeit gewähren, beispielsweise durch Gleitzeit oder selbstbestimmte Arbeitszeit.“ Selbst bei hohen Anforderungen lässt sich so verhindern, dass der Druck im Job ständig zunimmt, sofern die Arbeitszeit insgesamt nicht ausufert.

  • Stressige Arbeitsbedingungen sind weit verbreitet. Zur Grafik
  • Wer völlig frei über seine Arbeitszeit entscheiden kann, arbeitet pro Woche durchschnittlich rund acht Stunden mehr als vertraglich vereinbart. Zur Grafik

Elena Shvartsman, Michael Beckmann: Stressed by Your Job: What Is the Role of Personnel Policy? (pdf), SOEPpapers 814, November 2015

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen