Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitskämpfe: Streik bleibt die Ausnahme
Von Arbeitsniederlegungen ist nur eine kleine Minderheit der Betriebe betroffen.
Amazon, Bahn, Lufthansa, Post und nicht zuletzt die Erzieherinnen: Einige spektakuläre Arbeitskämpfe prägten die öffentlich Wahrnehmung im Jahr 2015. Doch im betrieblichen Alltag ist der Streik eine Ausnahmesituation, wie die Ergebnisse der WSI-Betriebsrätebefragung 2015 zeigen. Die Erhebung wurde von Februar bis April 2015 durchgeführt und ist repräsentativ für mitbestimmte Betriebe ab 20 Beschäftigten.
In knapp 11 Prozent der Betriebe wurde in den zwölf Monaten vor der Befragung gestreikt: 5,8 Prozent der Betriebsräte berichten von einer, 5,1 Prozent von mehr als einer Arbeitsniederlegung. Dabei sind sowohl betriebliche Protestaktionen als auch kurze Warnstreiks und längere Ausstände erfasst. Hochgerechnet auf die etwa 68.000 Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten und Betriebsrat in Deutschland heißt das, dass in etwa 7.500 Firmen zumindest einmal die Arbeit niedergelegt wurde, in knapp 3.500 davon mehrmals. „Dies sind durchaus beachtliche Zahlen, doch es bedeutet umgekehrt auch, dass aus 89 Prozent der Betriebe keinerlei Streik berichtet wurde“, urteilt WSI-Arbeitskampfexperte Heiner Dribbusch. Die in den nächsten Wochen startende 2016er-Befragung werde zeigen, ob sich dieser Befund bestätigt.
Wie zu erwarten, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Arbeitsniederlegung mit der Betriebsgröße. In Westdeutschland meldeten 12 Prozent aller befragten Betriebsräte, dass mindestens einmal die Arbeit niedergelegt wurde, in Ostdeutschland 7 Prozent. Am geringsten ist der Anteil mit knapp 3 Prozent in Sachsen-Anhalt, am höchsten mit fast 16 Prozent im Saarland.
Rund 93 Prozent der Streiks hingen nach Angaben der Betriebsräte mit Tarifverhandlungen zusammen. In 12,5 Prozent der Fälle gehörten betriebliche Probleme und in 6,3 Prozent Entlassungen zu den Anlässen der Arbeitsniederlegung.
Anteilig am häufigsten kam es zu Arbeitskämpfen im Organisationsbereich der IG Metall, gefolgt von Betrieben, für die ver.di zuständig ist. Das liegt Dribbusch zufolge daran, dass die Warnstreiks der Metall-Tarifrunde 2015 mitten in den Befragungszeitraum fielen. Zudem sei der öffentliche Dienst nicht Teil der Befragung gewesen.