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HBS Böckler Impuls

Finanzinvestoren: Unternehmen als Ware

Ausgabe 06/2015

Der „Private Equity Monitor Deutschland“ zeigt das Ausmaß der Übernahmen durch private Beteiligungsgesellschaften im Jahr 2013. Für die Mitbestimmung stellen Finanzinvestoren eine große Herausforderung dar.

Vor fast genau zehn Jahren, im April 2005, bezeichnete der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sogenannte Private-Equity-Gesellschaften als „Heuschrecken“. Ihnen gehe es allein um kurzfristige Gewinnmaximierung, so der Vorwurf. Die Finanzinvestoren hielten dagegen, sie erfüllten eine wichtige Funktion als Kapitalgeber für die Wirtschaft. So vehement die Diskussion über Jahre geführt worden ist, so wenig wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle und das aktuelle Ausmaß von Private-Equity-Beteiligungen liegen vor. Das Wissen sei nach wie vor sehr begrenzt, schreiben Christoph Scheuplein und Florian Teetz von der Universität Münster. Es existierten für Deutschland nur wenige Studien, deren Daten nicht auf die Branchenverbände der Private-Equity-Industrie zurückgehen.

In einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt haben die beiden Forscher die Aktivitäten von Private-Equity-Gesellschaften, deren Geschäftsmodell aus dem Kaufen und Verkaufen von Unternehmen besteht, systematisch erfasst. Der „Private Equity Monitor Deutschland“ zeigt ein umfassendes Bild der Übernahmen und Weiterverkäufe von Finanzinvestoren in Deutschland im Jahr 2013.

Private-Equity-Gesellschaften kauften 2013 insgesamt 191 Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Diese Unternehmen wiesen einen Umsatz von 16,5 Milliarden Euro aus und beschäftigten 117.000 Arbeitnehmer.

Vier Fünftel der betroffenen Beschäftigten waren in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern beschäftigt.

Das Transaktionsvolumen belief sich insgesamt auf 18,9 Milliarden bis 21,3 Milliarden Euro.

Finanzinvestoren aus den USA und Großbritannien dominierten den Markt. Sie waren für rund drei Viertel des gesamten Transaktionsvolumens verantwortlich. Deutsche Investoren waren vorwiegend im Rahmen kleinerer Übernahmen beteiligt.

Besonders begehrt waren exportstarke Firmen aus den Branchen Chemie, Elektrotechnik, Fahrzeugbau und Maschinen- beziehungsweise Anlagenbau. In diesen Bereichen fand gut ein Drittel aller Übernahmen statt, gleichzeitig war hier ein Viertel aller betroffenen Arbeitnehmer beschäftigt. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Dienstleistungsfirmen, die 12 Prozent aller Übernahmen und 19 Prozent aller Beschäftigten ausmachten.

Verkäufer an Private-Equity-Investoren waren natürliche Personen mit einem Anteil von 44 Prozent – meist Firmeninhaber auf der Suche nach einem Nachfolger. Insbesondere bei großen Übernahmen spielten auch auf der Verkäuferseite Private-Equity-Investoren eine zentrale Rolle. In 26 Prozent der Fälle kam es zu sogenannten „Secondary Buyouts“ von Finanzinvestor zu Finanzinvestor. Nach Ansicht der Forscher wirft dies kritische Fragen bezüglich der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells Private Equity auf.

Insgesamt verkauften Private-Equity-Gesellschaften in Deutschland 121 Unternehmen und erzielten damit einen Erlös von 28,3 Milliarden Euro. In diesen Unternehmen waren 202.000 Beschäftigte angestellt. Wenn eine Private-Equity-Gesellschaft ein Unternehmen verkaufte, dann nicht selten ins Ausland, in vielen Fällen stiegen asiatische Eigentümer ein.

Der Einstieg eines Private-Equity-Investors sei für die Beschäftigten immer mit Unsicherheit verbunden, so die Wissenschaftler. Wichtige Fragen seien, mit welchen Maßnahmen der Investor den Weiterverkaufswert seines Investments zu steigern versucht und welche Folgen dies für Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen hat. Betriebsräte stünden häufig vor dem Problem, dass der Investor als eigentlicher Entscheidungsträger nicht als Ansprechpartner vor Ort ist. „Mit ihrem befristeten Geschäftsmodell und mit ihren aktivistischen Restrukturierungsstrategien bleiben die Finanzinvestoren eine dauerhafte Herausforderung für das deutsche System der Mitbestimmung“, schreiben Scheuplein und Teetz.

  • Finanzinvestoren aus den USA und Großbritannien spielen bei Übernahmen in Deutschland eine wichtige Rolle. Das gilt vor allem für große Deals. Zur Grafik

Christoph Scheuplein, Florian Teetz: Private Equity Monitor Deutschland 2013, unter Mitarbeit von Friedrich Sommer, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 2014

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