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HBS Böckler Impuls

Mitbestimmung: SUP – eine zweifelhafte Rechtsform, die niemand braucht

Ausgabe 17/2014

Die Europa-AG ist auch eine Rechtsform des Mittelstands. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bleibt bei der Umwandlung in eine SE zumeist gewahrt. Die geplante Privatgesellschaft SUP wäre hingegen eine Gefahr für Mitbestimmung und Rechtssicherheit.

Seit zehn Jahren haben Unternehmen die Möglichkeit, sich für die Rechtsform SE (Societas Europaea) zu entscheiden. Über 2.000 dieser Europa-AGs existieren inzwischen, wie eine Auswertung des Mitbestimmungsexperten Lasse Pütz ergibt. 147 davon sind in Deutschland operativ tätige Unternehmen mit mindestens fünf Arbeitnehmern. Die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer überstehen die Transformation großer Unternehmen in eine SE aufgrund der gesetzlichen Regeln unbeschadet: Zwar werden die Beteiligung im Aufsichts- oder Verwaltungsrat sowie die des europäischen Betriebsrats bei der Umwandlung neu verhandelt, aber ein Rückfall hinter den Status quo ist in der Praxis ausgeschlossen. Pütz sieht sogar positive Effekte. Durch die internationale Besetzung der Vertretungsgremien entstehe eine „europäisierte Form“ der Mitbestimmung. „Hierdurch lernen ausländische Belegschaften Mitbestimmungskultur kennen. Die Mitbestimmung findet so Eingang in andere Länder.“ Das zeige sich etwa bei BASF, Allianz oder MAN. So böten sich auch „immense Chancen für die Mitbestimmung in Europa“.

In einem Punkt bestehe jedoch dringender Nachbesserungsbedarf. Zwar sind mitbestimmte Unternehmen nach der Umwandlung in eine SE weiterhin mitbestimmt. Allerdings gelte auch die Umkehrung: Besteht vor dem Rechtsformwechsel keine Mitbestimmung, ist sie später kaum noch durchzusetzen – selbst wenn die Mitarbeiterzahl so weit wächst, dass nach deutschem Recht Drittelbeteiligung oder eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats obligatorisch wäre. Hier gelte es zu handeln, so Pütz.

Die europäische Politik konzentriere sich hingegen zurzeit auf ein anderes Projekt, nämlich die Einführung einer weiteren Rechtsform, der europäischen Einpersonengesellschaft SUP (Societas Unius Personae). Diese wirke aber „wie ein Freibrief für die Umgehung der deutschen Mitbestimmungsgesetze“, urteilt Sebastian Sick. Sie würde es einer – mitbestimmten – deutschen GmbH ermöglichen, „ihren juristischen Satzungssitz in einen mitbestimmungsfreien Staat“ zu verlegen und damit die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer auszuhebeln, warnt der Jurist.

Noch ist die entsprechende EU-Richtlinie im Verhandlungsstadium und dürfte kaum in allernächster Zeit in Kraft treten. Folgt die deutsche Bundesregierung jedoch dem Koalitionsvertrag, muss sie den Vorschlag ablehnen. So hebt Sick hervor, dass sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich darauf festgelegt habe, sicherzustellen, „dass die nationalen Vorschriften über die Mitbestimmung nicht umgangen werden“, wenn eine neue europäische Rechtsform eingeführt werde.

Nach Sick und Pütz müsste es allerdings gar nicht darum gehen, die SUP-Richtlinie zu verbessern. Sinnvoller sei es, sie schlicht zu verhindern. Denn es bestehe kein Bedarf für diese Rechtsform. Zumal die SUP-Pläne neben der Möglichkeit, Satzungs- und Unternehmenssitz zu trennen, noch Aspekte beinhalten, die auch unter Gesichtspunkten des Verbraucher- und Gläubigerschutzes problematisch seien. Etwa die „weitgehend unkontrollierte“ Onlinegründung oder das symbolische Haftungskapital von nur einem Euro. Und die Statistik zur Europa-AG zeige, dass gerade der Mittelstand mit der SE schon heute über eine stark genutzte Möglichkeit verfüge, seine Aktivitäten auf eine europäische Rechtsgrundlage zu stellen.

  • Besonders im Mittelstand ist die SE verbr Zur Grafik

Lasse Pütz und Sebastian Sick leiten jeweils ein Referat für Wirtschaftsrecht in der Hans-Böckler-Stiftung

Mehr zum Thema:
MBF Report 2014 (pdf)

Aktuelle SE-Statistik (pdf)

Impuls-Beitrag als PDF

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