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HBS Böckler Impuls

Gesundheit: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz kosten Milliarden

Ausgabe 16/2011

Arbeitsbedingte psychische Belastungen verursachen jährlich Kosten von fast 30 Milliarden Euro. Betriebliche Präventionsprogramme nutzen nicht nur der Gesundheit der Beschäftigten, sondern zahlen sich auch wirtschaftlich aus.

Psychische Störungen verursachten im Jahr 2008 Behandlungskosten von knapp 29 Milliarden Euro. Die indirekten Kosten betrugen sogar 45 Milliarden Euro. Dieser Wert ergibt sich aus der Zahl der ausgefallenen Arbeitstage multipliziert mit dem Betrag, den ein durchschnittlicher Arbeitnehmer pro Tag erwirtschaftet. Das haben der Gesundheits­- ökonom Wolfgang Bödeker und der Mathematiker Michael Friedrichs im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt. Psychische Probleme seien eine wesentliche Ursache für ­Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, schreiben die Wissenschaftler vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen beziehungsweise vom Institut für Prävention und Gesundheits­- förderung der Uniklinik Essen. „Wegen der Kombination aus hohem Verbreitungsgrad, frühem Einsetzen und möglicherweise ungünstigem, langen Krankheitsverlauf“ verursachten psychische Leiden bedeutende wirtschaftliche Belastungen.

Unter psychische Störungen fällt eine ganze Reihe von Krankheitsbildern. Mit Abstand am häufigsten sind Arbeitsausfälle durch gesundheitliche Einschränkungen der Kategorie „neurotische, belastungs- und somatoforme Störungen“, dazu gehören etwa Angstzustände. Auf Rang zwei folgen die „affektiven Störungen“, beispielsweise Depressionen. Wiederum mit großem Abstand folgen Suchtprobleme. Bödeker und Friedrichs verwenden für ihre Berechnungen Daten des Statistischen Bundesamtes sowie Krankenkassenstatistiken.

In den Gesamtzahlen sind die Kosten sämtlicher psychischer Störungen enthalten – unabhängig davon, welchen Grund sie hatten. Aus den unterschiedlichen Erkrankungsrisiken verschiedener Berufsgruppen und weiteren statistischen Informationen lässt sich den Wissenschaftlern zufolge aber auch ermitteln, welche Kosten auf Gesundheitsstörungen entfallen, die unmittelbar aus dem Berufsleben resultieren; das heißt „durch Arbeitsbedingungen ganz oder teilweise verursacht sind beziehungsweise in ihrem Verlauf ungünstig beeinflusst werden“.

Arbeitsbedingte Kosten psychischer Störungen. In dieser Abgrenzung ergibt sich ein jährlicher Schaden von 7,1 Milliarden Euro. Neben den direkten Behandlungskosten beinhaltet die Zahl Kosten des Arbeitsausfalls, Krankengeldzahlungen der Krankenkassen, Kosten krankheitsbedingter Frühverrentungen und Einnahmeverluste sowie Zusatzausgaben der Rentenversicherung.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – etwa hoher Leistungsdruck oder geringe Entscheidungsspielräume – können sich nicht nur direkt in psychischen Erkrankungen äußern. Auch Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, Kreislauf- sowie Magen- und Darmerkrankungen können die Folge psychisch belastender Arbeitsbedingungen sein. Bezieht man dies in die Schätzung der gesamtwirtschaftlichen Kosten ein, so ist der volkswirtschaftliche Schaden noch erheblich größer als die reinen Kosten psychischer Störungen: Die Forscher kommen insgesamt auf rund 10 Milliarden direkte und gut 19 Milliarden Euro indirekte Kosten.

Prävention lohnt. Bödeker und Friedrichs weisen darauf hin, dass betriebliche Gesundheitspolitik einen Beitrag leisten kann, den wirtschaftlichen Schaden von psychischen Erkrankungen und Belastungen zu reduzieren. Zahlreiche Studien aus den USA belegten, dass sich Präventionsmaßnahmen in aller Regel auszahlen – nicht nur gesamtwirtschaftlich, sondern auch für das einzelne Unternehmen. Nach unterschiedlichen Untersuchungen erzielt ein in Gesundheitsprävention investierter Dollar Erträge zwischen zwei und zehn Dollar.

  • Seelisch belastende Arbeit kostet Unternehmen und Krankenkassen viel Geld. Zur Grafik
  • Psychische Störungen führen häufig zu langen Krankschreibungen. Zur Grafik

Wolfgang Bödeker, Michael Friedrichs: Kosten der psychischen Erkrankungen und Belastungen in Deutschland, in: Lothar Kamp, Klaus Pickshaus (Hrsg.): Regelungslücke psychische Belastungen schließen, August 2011.

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