Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitsmarkt: Weiterbildung sichert den Job
Wer an Schulungen und Fortbildungsangeboten des Arbeitgebers teilnimmt, verliert nicht so schnell seinen Arbeitsplatz. Um beruflich aufzusteigen, reicht das aber nicht.
Wer das Abitur nachholt, neben dem Job noch ein Studium absolviert oder den Meister macht, hat gute Chancen auf einen höher dotierten Posten. Aber gilt das auch für die vielen kleineren Fortbildungen, an denen Arbeitnehmer regelmäßig teilnehmen? Das haben Christian Ebner vom Karlsruher Institut für Technologie und Martin Ehlert vom Wissenschaftszentrum Berlin untersucht. Mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung haben sie die Werdegänge von gut 6000 Beschäftigten im Zeitraum von 2009 bis 2016 ausgewertet, um herauszufinden, wie sich die Teilnahme an sogenannter non-formaler Weiterbildung auf die berufliche Entwicklung auswirkt. Das Ergebnis der Untersuchung: Wer sich weiterbildet, behält eher seinen Job. Karrieresprünge sind durch die Teilnahme an den Schulungen allerdings unwahrscheinlich.
Knapp 83 Prozent der Teilnehmer betrieblicher Weiterbildung haben im gesamten Untersuchungszeitraum dieselbe Tätigkeit verrichtet, stellen die Wissenschaftler fest. Bei den übrigen Beschäftigten waren es nur rund 63 Prozent. Etwa fünf Prozent der Fortgebildeten sind beruflich aufgestiegen, bei den anderen waren es knapp 13 Prozent. Abgestiegen sind etwa fünf Prozent der Schulungsteilnehmer, aber knapp 10 Prozent der Arbeitnehmer ohne betriebliche Weiterbildung.
„Betriebliche Weiterbildung scheint den Verbleib auf der aktuellen Position zu fördern und Mobilität – egal in welche Richtung – entgegenzustehen“, konstatieren Ebner und Ehlert. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts, wenn man weitere Faktoren wie individuelle Weiterbildungsanstrengungen und Qualifikationen einbezieht oder Privatwirtschaft und öffentlichen Dienst getrennt untersucht. Als „Kernbefund“ bleibe damit festzuhalten, „dass das Motto Aufstieg durch Bildung nicht auf jegliche Form der Bildung verallgemeinerbar ist und zumindest für die non-formale berufliche Weiterbildung kaum Gültigkeit hat“.
Die Befunde seien allerdings keineswegs als „Schmälerung der Bedeutung von Weiterbildung“ zu verstehen, schreiben die Wissenschaftler. Denn Weiterbildung beuge schließlich individuellen Abstiegen vor und ermögliche damit stabile Erwerbsverläufe. Offensichtlich hätten Arbeitgeber ein großes Interesse daran, „Beschäftigte mit den nötigen Fähigkeiten und Kenntnissen auszustatten, um veränderten Aufgaben und Anforderungen erfolgreich begegnen zu können“.
In einigen Jobs gehören Computerschulungen und andere Fortbildungen heute offenbar zur Normalität und sind kein herausragendes Merkmal, das Beförderungen rechtfertigt. Diese Vermutung wird auch von anderen Studien gestützt, die festgestellt haben, dass der Nutzen von Weiterbildung im Zeitverlauf nachgelassen habe. Lebenslanges Lernen werde vielfach als Mindestanforderung verstanden. Dass Weiterbildung relativ selten zu Aufstiegen führt, könnte außerdem damit zusammenhängen, dass die Bedeutung interner Arbeitsmärkte abgenommen hat und viele Unternehmen lieber Führungskräfte von außen holen.
Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist das beobachtete Phänomen – Weiterbildung bindet bestimmte Fachkräfte dauerhaft an ihren Arbeitsplatz – den Wissenschaftlern zufolge nicht unproblematisch. Denn dadurch würden „Segmentationslinien auf dem Arbeitsmarkt“ zementiert und der Verfestigung bestehender Ungleichheit werde Vorschub geleistet.
Christian Ebner, Martin Ehlert: Weiterbilden und Weiterkommen? Non-formale berufliche Weiterbildung und Arbeitsmarktmobilität in Deutschland, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 2/2018