Projektbeschreibung
Kontext
Ein mittelfristiges Gelingen der Integration der Flüchtlinge ist zwar wahrscheinlich, jedoch keineswegs garantiert. Da sich Flüchtlinge u.a. durch ihre Wanderungsmotivation von Arbeitsmigrant/inn/en unterscheiden, können Forschungsbefunde zur betrieblichen Integration von Migrant/inn/en nicht übertragen werden. Mit der Integration verbundene Chancen und Risiken sind deshalb wissenschaftlich schwer abzuschätzen. Angenommen wurde, dass die Integration in die Arbeitswelt von einer Reihe von Faktoren abhängt, einerseits der Qualifikation, dem Spracherwerb und der Integrationsfähigkeit der Flüchtlinge, andererseits dem Arbeitskräftebedarf der Unternehmen, den rechtlichen Grundlagen, nicht zuletzt aber auch der Offenheit und Aufnahmebereitschaft in den Betrieben. Ein Grund für Optimismus war, dass frühere Forschungen dafür sprachen, dass sich die Aktivitäten der Betriebsräte und die Institutionen von Mitbestimmung und industriellen Beziehungen integrationsförderlich auswirken.
Fragestellung
Ein erster Untersuchungskomplex fragte, welche Positionen Flüchtlinge in der betrieblichen Sozialstruktur erlangen, d.h. deren strukturelle Inkorporation in das betriebliche Gefüge wurde betrachtet. Ein zweiter Untersuchungskomplex beschäftigte sich mit der (wechselseitigen) Integration in die betrieblichen Sozialbeziehungen. Ein dritter Untersuchungskomplex widmete sich schließlich der Integrationsfunktion der Mitbestimmung. Gefragt wurde, welche Funktion Interessenvertretung, Mitbestimmung und institutionalisierte Arbeitsbeziehungen für die betriebliche Integration von Flüchtlingen erfüllen, welche Mechanismen wirksam sind, wo Schwierigkeiten und Verbesserungschancen liegen. Es war intendiert, praktische Ansätze einer solidarischen Politik von Vielfalt und Anti-Diskriminierung herauszuarbeiten, um die betrieblichen Akteure in ihren Bemühungen zu unterstützen.
Untersuchungsmethoden
Untersucht wurden (in unterschiedlicher Intensität) 15 Betriebe aus verschiedenen Branchen, da branchen- und betriebsspezifische Voraussetzungen für relevant erachtet werden, um variierende betriebliche Integrationskonstellationen zu erfassen. Angewandt wurde ein Methodenmix aus der Analyse von Dokumenten und Statistiken zur Thematisierung der institutionellen Rahmung sowie der betrieblichen Sozialstrukturen, von Experteninterviews mit externen Experten, dem Management und Betriebs- bzw. ggf. Personalräten, um deren Orientierungen und Praktiken zu ermitteln, sowie Interviews und Gruppendiskussionen mit Flüchtlingen und anderen Beschäftigten, um deren Orientierungen, Diskursteilhabe und Interaktionserfahrungen zu erheben. Vorläufige Befunde und Teilergebnisse wurden zeitnah vor allem durch Vorträge zugänglich gemacht.
Darstellung der Ergebnisse
Da der Wanderungsimpuls von Flüchtlingen weniger durch die Arbeitsmarktnachfrage im Niederlassungsland geprägt ist als der von Arbeitsmigranten benötigt die Integration von Geflüchteten Zeit, doch dank mitgebrachter Qualifikationen sowie sprachlicher und beruflicher Förderung werden diese nicht durchgängig im Segment der un- und angelernten Arbeit tätig. Zwar dringen rechtspopulistische Diskurse auch in viele Betriebe ein, doch weiterhin gilt, dass die alltägliche Begegnung von Herkunftsverschiedenen im Arbeitsprozess kollegiale Beziehungen fördert – vor allem dort, wo Tarifverträge und Mitbestimmung gleiche Regeln für alle sicherstellen („betrieblicher Universalismus“). Allerdings sind viele Geflüchtete in Branchen tätig, in denen institutionalisierte Arbeitsbeziehungen nur eine geringe Rolle spielen, weshalb deren Integrationsfunktion eingeschränkt ist. Fördermaßnahmen, Mindestlohn und gleiche Rechte haben positive Folgen.